Zwischenmenschliche Kommunikation auf dem Bauernmarkt! Offen, trotz Corona!

 Abbildung 1 (Steirische-Spezilitäten.at 2020).

 

Soziale Kontakte kann man in Zeiten der Corona-Krise derzeit zwar nicht pflegen, die Bauernmärkte der Murmetropole haben aber dennoch weiterhin geöffnet. Vor Ort einzukaufen und heimischen Produzenten in diesen schwierigen Zeiten zu helfen, ist auch für viele Grazer das Gebot der Stunde. Neben den ohnehin täglich geöffneten großen Bauernmärkten am Kaiser-Josef-Platz und am Lendplatz werden die Kapazitäten nun auch bei anderen Märkten erhöht“ (meinbezirk.at 2020). Dieses Angebot nehmen die Grazer auch an. Dies konnte ich auch an den Tagen, an denen ein Markt abgehalten wurde, erleben und aufzeichnen. Diese Orte sind genau in dieser Phase ein Ort des Zusammenkommens und Austausches. Viele nutzen dieses Angebot, auch um den Bauern zu helfen.

 

„Eustaccho bittet die Marktbesucher daher eindringlich, sich an die generellen Verhaltens- und Hygieneregeln zu halten. „Halten Sie mindestens einen Meter Abstand zur nächsten Person und befolgen Sie auch die Anweisungen der Standler. Lassen Sie sich Obst und Gemüse von den Verkäufern geben und klauben Sie nicht selbst in den Lebensmitteln herum." Ältere Menschen sollten dem Markttreiben unbedingt fernbleiben und sich Lebensmittel, sofern möglich, von Bekannten und Verwandten liefern lassen“ (meinbezirk.at 2020).

 

Die meisten Verhaltens- und Hygieneregeln werden eingehalten, wie aus der Vielzahl der sortierten Vignetten hervorgeht. Der Bitte, sich das Obst geben lassen und nicht selber die Lebensmittel zu nehmen, wird selten nachgekommen. Das funktioniert nur bedingt. Zu verlockend ist für die meisten Einkäufer, aus dem vollen, reifen Obst und Gemüse zu schöpfen und die heimischischen Sorten für sich selbst auszusuchen. Es kann nur vermutet werden, dass dies einerseits aus Argwohn gegenüber dem Verkäufer (wer weiß, ob der Verkäufer mir wirklich das schönste Obst oder Gemüse gibt?) oder andererseits aus alter Gewohnheit, die Früchte des Feldes, der Bäume und Sträucher wie eh und je selber auszusuchen, passiert.Trotz all dieser Umstände bleibt das Wichtigste erhalten, die Kommunikation

 

Vignette 1 am Samstag, den 25.07.2020, um 9.42h. Der Beobachtungsstandort ist jener, wie bei den anderen Vignetten am Forschungsstandort A. 

 

Marktsituation:

 

Der Markt ist voll im Gange. Viele Personen befinden sich auf dem Markt. Alle, die den Markt betreten, dieser hat eine unsichtbare Grenze, setzen ihre Maske auf. Alte und Junge halten sich an die wieder verschärften Maßnahmen. Einige, darunter auch ein Mann mit langem, braunen Haar, ziehen die Maske sofort ab, als sie den Markt verlassen bzw. die imaginäre Grenze überschreiten. Die Anzahl der Personen am Markt ist gleich wie an den Aufnahmetagen zuvor. Viele Leute stehen schon wieder beim Setzlingstand, anscheinend ein beliebter Marktstand. Salat wird geerntet und man braucht Nachschub. Eine Frau mit einem pastellfarbenen roten Oberteil führt gerade ein Verkaufsgespräch mit dem Standbesitzer. Ein, in der Uniform der Ordnungswache gekleideter, Mann, taucht nun unter der Menge auf. Er trägt eine Stadt Graz Maske. Er schaut umher und verschwindet bei den Ständen weiter hinten. Die Uniform ist auffällig. Die Frau übergibt nun das Geld an den ungefähr 50-jährigen alten Mann, der im Gegenzug drei Sackerln voll mit Setzlingen übergibt. Die Setzlinge schauen über die Tüte hinaus und hängen herunter. Die Frau hat Schwierigkeiten die Tüten zu nehmen, da sie schon eine Stofftasche und ihre Handtasche trägt. Sie hadert mit den Tüten und der Herr, der ihr die Setzlinge verkauft hat, hilft ihr über den Tisch hinweg. Die Frau hat nun alles beisammen, auch dank der Hilfe des Mannes und verabschiedet sich unter der Maske: „ Aufwiedersehen , noch einen schönen Tag und Danke für die Setzlinge!“ Viele ältere Personen sind  durch die Gänge des Marktes unterwegs, sie haben entweder die bekannten blauen Masken oder ein Visier auf, wo man besser atmen kann. Man sieht keine bunten oder personalisierten Masken als Mundschutz, die von älteren Personen getragen werden. Ein junges Paar, welches gerade durch die erste Marktgasse auf der Seite des Fußballplatzes durchspaziert, haben die gleichen bunten  Masken auf, sozusagen Partnerlook bei den Mundnasenschutzmasken. Der Ordnungsamtmitarbeiter kommt wieder aus einer anderen Marktgasse hervor. Er sieht etwas und geht zielstrebig in eine Richtung. Er geht auf einen Mann gleichen Alters zu. Er zeigt mit seiner Hand auf dessen Maske. Diese ist anscheinend nur bis zum Mund aufgesetzt. Der Mann zieht die Maske hoch und nickt derweil mit dem Kopf zustimmend. Aber doch leicht frustriert wendet sich der Mann vom Mitarbeiter des Magistrates Graz ab und geht weiter. Er schüttelt beim Weggehen leicht den Kopf. Der Mitarbeiter des Ordnungsamtes bleibt noch kurz stehen, schaut sich um, ob er noch etwas entdeckt. Dann schaut er auf die Uhr und geht zu einem Auto mit dem Logo der Stadt Graz, das in einer Seitengasse abgestellt ist. 

 

 

Dieser Aufzeichnungstag war ein besonderer, denn hier herrschte reges Treiben auf dem Markt. Viele verschiedene Menschen betraten den Raum und interagierten mit den Akteuren, sei es MarktbeschickerInnen oder EinkäuferInnen. Dies ergibt somit eine gute Forschungsgrundlage. Das Aufeinandertreffen führt zu vielen interessanten Interaktionen, Handlungen und kommunikativen Prozessen. 


Natürlich sollte man auf die Gesundheit achten, aber auch die sozialen Kontakte zu den Mitmenschen nicht aus den Augen verlieren. Die Balance zwischen diesen beiden Faktoren ist wichtig für den Menschen. Deshalb war es wichtig, die Ausgangssperren wieder aufzuheben, um den Menschen die Möglichkeit der sozialen Interaktion zu ermöglichen. In Graz wurde sogar die Anzahl der Markttage erhöht, um den Grazern ein sicheres Einkaufen zu ermöglichen. Somit verteilte sich Anzahl der EinkäuferInnen auf mehrere Tage und wurde für den einzelnen Tag geringer. Es konnte der Abstand besser eingehalten werden. Ein zweiter Punkt dieser in Graz gesetzten Maßnahme war es, auch die heimischen Bauern und Bäuerinnen zu unterstützen und ihnen, ein größeres Verkaufsvolumen zu ermöglichen, da viele andere Absatzmöglichkeiten weggebrochen waren.

 

Die aufgezeichneten Interaktionen und Handlungen können dann auf die Forschungsfrage hin analysiert und interpretiert werden. Aus der Markt-Vignette kann man nun folgendes herauslesen. Trotz der Maßnahmen wird noch immer den Dingen und Aktivitäten wie dem Einkaufen am Markt nachgegangen. Es herrscht rege Kommunikation, obwohl sich die Maßnahmen wieder verschärft haben. In dieser Vignette steht die Funktionalität an erster Stelle. Einige Einzelfälle sind zu sehen, in denen nicht eine Maske getragen wird. Es besteht also noch immer eine Unerwachsenheit, sich an Regeln zu halten. Diese Menschen – sei es Protest gegenüber dem Staat oder eben das Unerwachsensein per se – sind unzufrieden mit dem jetzigen Status-quo, der jetzigen Situation. Das ist bei der Marktvignette als Stichprobe erkennbar. Die gerade gewonnene Normalität ist wieder vorbei und die meisten Menschen halten sich an die Regeln. Die Kommunikation leidet nicht, da die Menschen sich ganz normal verhalten können wie man an dem hilfsbereiten Standverkäufer sehen kann. Auch dies, mit Dankbarkeit, dass alles wieder normal wird, gepaart, macht das Verhalten so normal, in dieser Epidemie. Die Menschen bleiben also trotz verschärfter Maßnahmen freundlich und positiv, dies schlägt sich auch in der Kommunikation nieder. Erkennen kann man dies gut,  in den einzelnen Interaktionen in der Vignette. Die Menschen finden zueinander und interagieren auf gleichem Wege wie vor der Pandemie. Der einzige Unterschied ist, dass die Worte durch die Maske gefiltert beim Gegenüber ankommen. Die Menschen wollen normale Kommunikation, dies sieht man daran, dass der Marktverkäufer der Frau hilft, auch wenn es heißt,  er muss die Regeln missachten. Die zwischenmenschliche Kommunikation hat sich also nicht stark in dieser wieder verschärften Phase verändert. Die Epidemie bleibt. 

 

Quellen:

 

Meinbezirk.at (2020): Grazer Bauernmärkte: Zusätzliche Öffnungszeiten in den Bezirken. https://www.meinbezirk.at/graz/c-lokales/grazer-bauernmaerkte-zusaetzliche-oeffnungszeiten-in-den-bezirken_a4007334, zuletzt geprüft am 10.08.2020.

 

Steirische-Spezilitäten.at (2020): Bauernmärkte in Graz. https://www.steirische-spezialitaeten.at/einkaufen/grazer-bauernmaerkte.html, zuletzt geprüft am 10.08.2020.

 

 

 

 

 

 

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